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Davino, 10 Jahre, Schweizer Warmblut

Ich erinnere mich noch sehr gut an den denkwürdigen ersten Tag des Longenkurses bei Klaus Schöneich, den ich mit Davino im März 2018 besuchte. Er war im Rücken fest, vorderlastig, unmotiviert und mit schlechtem Schritt ausgestattet und dass trotz einer Abstammung und Aufmachung, die ihn eigentlich zum geborenen Dressurpferd befähigen sollten.

Nachdem ich in diesem ersten Jahr so ziemlich alles ausprobiert hatte, was mir eingefallen war, um die offensichtlichen Missstände zu beseitigen und dem Pferd wieder Freude an der Bewegung zu geben, war ich inzwischen ziemlich ratlos. Alle Maßnahmen schienen ihm zwar zu helfen und sein Zustand verbesserte sich auch deutlich, aber der endgültige Durchbruch gelang uns nicht. Vor allem beim Reiten ging es einfach nicht vorwärts (im wahrsten Sinne des Wortes).

Eine gute Freundin empfahl mir die Schiefen-Therapie im Zentrum für Anatomisch Richtiges Reiten ARR, nachdem sie sich die Beschreibung unserer Probleme angehört und gesehen hatte, wie steif und ungelenk Davino beim Spazierengehen bergab lief – wobei er offensichtlich in seine rechte Schulter viel und krampfhaft versuchte dabei sein Gleichgewicht zu halten.

Ich informierte mich und fand heraus, dass Herr Schöneich mehrtägige Kurse in der Schweiz gab – und meldete mich an. Da stand ich also in Wängi auf der schönen Anlage von Irene Gut am ersten Tag des Kurses und sah Davino zu, wie er von Herrn Schöneich am Kappzaum longiert wurde. Man könnte es auch als Bahnschwelle beschreiben, die versucht eine Kurve zu gehen, daran aber kläglich scheitert. Nach 10 Minuten hielt Herr Schöneich ihn an und sagte zu mir: «Sie wissen gar nicht, was für ein gutes Pferd Sie da haben. Dieses Pferd ist eigentlich ein Tänzer, aber er durfte das Tanzen nie lernen. Er ist in einem erbärmlichen Zustand.» Diese ehrlichen Worte machten mich zum einen sehr traurig, bestätigten aber zum anderen auch das Gefühl, welches ich von Anfang an hatte: In diesem Pferd muss doch mehr stecken! Nachdem sich Davino im Laufe der drei Tage extrem positiv entwickelte und ich die ersten kleinen Ergebnisse der Schiefen-Therapie schon nach so kurzer Zeit sehen konnte (Veränderungen im Fell, Veränderungen im Takt, verbesserte Biegung...), war ich begeistert. Ich entschloss mich, Davino für zwölf Wochen zu Familie Schöneich nach Goch zu bringen. Aufgrund der langen Reise, machte ich mir die Entscheidung nicht leicht, aber ich kann bereits vorwegnehmen, dass ich sie nicht einen einzigen Tag bereut haben sollte. Es war was mein Pferd betrifft, die wohl beste Entscheidung meines Lebens und ich hätte mir nicht erträumen lassen, welche Entwicklung das Pferd in der doch verhältnismässig kurzen Zeit machen würde.

Die ersten vier Wochen in Goch standen ganz im Zeichen der Longenarbeit. Dabei lernte Davino, sich wie ein Athlet (und nicht wie ein Fluchttier) auf der Kreislinie des Zirkels zu bewegen – mit lockerem Hals und nach oben schwingendem Rücken. Er lernte die Zentrifugalkräfte links zu kontrollieren, sodass er nicht mehr aus der rechten Schulter ausbrach, und er lernte rechts über die Biegung und das Loslassen im Hals die Schulter zurückzunehmen und nicht mehr nach innen auf die rechte Schulter zu fallen. Dadurch konnte er wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben im vertikalen und horizontalen Gleichgewicht gehen. Ich lernte gleichzeitig diese Art des Longierens selbst durchzuführen und mein Auge zu schulen, um die kleinen Anzeichen zu erkennen, wenn das Pferd wieder aus dem Gleichgewicht gekommen ist.

Bemerkenswert war für mich besonders, dass alle Erklärungen von Herrn und Frau Schöneich und jedes Verhalten des Pferdes sowie des Longenführers für mich stets vollkommen logisch waren, da sie auf die Anatomie und das natürliche Verhalten des Pferdes bezogen wurden.

Die Arbeit an der Longe im Zentrum für ARR wird unterstützt durch ein ganzheitliches System. So bekam Davino einen neuen Beschlag bzw. lief zunächst ganz ohne Eisen, damit seine Hufe sich erholen konnten. Er wurde tierärztlich durchgecheckt und seine Atemwegsprobleme behandelt. Zudem machten wir eine Blutuntersuchung und erkannten einen Zinkmangel, der durch Zusatzfutter behoben werden konnte. Wir stellten sein Futter um, was den ganzen Stoffwechsel noch mehr in Schwung brachte. Der Chiropraktiker löste einige Blockaden, nachdem er ein paar Tage an der Longe gearbeitet wurde. Zudem bekam er eine unterstützende Bachblütentherapie, die ihm helfen sollte, die neuen Eindrücke zu verarbeiten und Vergangenes zu bewältigen. All diese Behandlungen erfolgten stets in genauer Absprache zwischen Familie Schöneich und dem Kompetenzteam des Zentrums für ARR sowie in Abstimmung auf den Gesamtzustand des Pferdes und seinen Fortschritt im Training. Nur dadurch, dass all diese Therapien ineinandergreifen, kann ein solcher Erfolg erzielt werden. Die Vorher-nachher-Fotos von Davino nach vier, acht, zwölf und 16 Wochen zeigen deutlich, wie sehr er sich körperlich verändert hat.

Ab Woche fünf begann dann die Übertragung in den Sattel. Probleme bereitete uns zunächst, einen passenden neuen Sattel für Davino zu finden. Zudem mussten wir ihn von seinem Satteltrauma befreien, da er im «früheren Leben» wahrscheinlich viel zu lange mit einem unpassenden Sattel geritten wurde. Bemerkenswert war für mich besonders, dass Davino sich (fast) jeden Tag aufs Neue verbesserte. Zwar in kleinen Schritten, aber so kontinuierlich, dass ich endlich wieder eine Vision vor Augen hatte, wo das Reiten mit ihm hinführen könnte. Im Reitunterricht lernte ich Davino im Sinne eines funktionellen Trainings zu reiten, ihn über Schlangenlinien zu gymnastizieren und seine Diagonalen zu kontrollieren.

Nach 16 Wochen (ich hatte seinen ursprünglich geplanten Aufenthalt noch um vier Wochen verlängert) kam ein anderes Pferd bei mir zuhause in der Schweiz aus dem Transporter – natürlich war es noch mein Davino, aber eben gefühlt um einige Zentimeter gewachsen, mit wohlgeformter Oberlinie, glänzendem Fell, ausgeprägter Muskulatur, selbstbewusster Erscheinung und geschmeidigem Gang. Ein Tänzer, der jetzt endlich das tanzen lernen durfte. Ich könnte Familie Schöneich nicht dankbarer sein, haben sie mir mit ihrer Arbeit doch den lang ersehnten Schlüssel gegeben, durch den Davino nun sein genetisches Potenzial in Gänze entfalten kann.

Ich danke Frau Rachen-Schöneich für die liebevolle Betreuung von Davino und mir während unseres Aufenthaltes, für die besten Sitzlongenstunden, die ich je erhalten habe, und für den tollen Reitunterricht. Sie schafft es in unglaublich effektiver und gleichzeitig geduldiger Art und Weise dem Reiter das Gefühl für das Pferd, seine Bewegung und die richtige Einwirkung zu vermitteln. Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass ich durch sie nochmal ganz neu reiten gelernt habe. Zum allerersten Mal in 20 Jahren habe ich das Gefühl, das Zusammenspiel der Hilfengebung wirklich verstanden zu haben. Ich danke Herrn Schöneich für seine unglaubliche Einfühlsamkeit mit dem Pferd und sein unermüdliches Bestreben, mir die biomechanischen Grundlagen der Schiefen-Therapie näherzubringen und mich immer wieder herauszufordern, über die Entstehung unserer Probleme sowie die Reiterei im Allgemeinen und Besonderen nachzudenken. Mein Dank gebührt zudem dem gesamten ARR-Kompetenzteam, welches in seiner Gänze für den Erfolg mitverantwortlich ist. Denn nur durch die optimale tiermedizinische, chiropraktische und homöopathische Versorgung, den passenden Sattel und den passenden Beschlag, konnte Davino sich so positiv entwickeln – im wahrsten Sinne des Wortes ganzheitlich.

Ich werde Familie Schöneich auch zukünftig verbunden bleiben und kann jedem Leser und Interessierten nur empfehlen, sich mit dem Konzept der Schiefen-Therapie auseinanderzusetzen – denn sie funktioniert. Jedes einzelne Pferd, welches ich während meines Aufenthaltes in Goch beobachtet habe, hat sich massiv zum Positiven verändert und teilweise unglaublich entwickelt – und das völlig unabhängig von Rasse, Reitweise, Alter, Vorgeschichte oder Vorerkrankung. Ich habe auch gelernt, dass es manchmal kreative Umwege braucht, um das langfristige Ziel zu erreichen. So fand ich mich beispielsweise nach acht Wochen im Westernsattel auf meinem Pferd. Zur Bewältigung des Satteltraumas, war dies für Davino aber essentiell und hat seinen Zweck auch erfüllt - heute sind wir zurück im Dressursattel und er hat gelernt, das Trauma des unpassenden Sattels von früher zu überwinden. Daher möchte ich alle Pferdebesitzer ermutigen, offen zu sein, solche Umwege in Kauf zu nehmen, sowie «alteingesessenes» Verhalten zu hinterfragen, wenn man sich mit seinem Pferd weiter entwickeln will. Tun Sie sich und Ihrem Pferd diesen Gefallen!

Katja Rademacher