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Mario, 6, Deutsches Sportpferd


Im Januar 2020 erfüllte ich mir meinen Lebenstraum vom ersten eigenen (Spring-)Pferd. Mein Leben lang bin ich verschiedenste Pferde geritten und habe einiges an Erfahrung gesammelt, nun wollte ich selbst die Verantwortung übernehmen und meinen eigenen Weg mit einem Pferd gehen. Ich hatte in den letzten Monaten einige Pferde ausprobiert, aber keines hat mich überzeugt. Bis ich Mario traf – das war sozusagen Liebe auf den ersten Blick. Er war zwar mit seinen dreieinhalb Jahren und 1.70 cm etwas zu jung und zu groß, aber mit der entsprechenden Hilfe würden wir das schon schaffen, dachte ich.

Der Anfang war relativ gut, im Umgang war er stets brav und unkompliziert. Ich hatte viel Reitunterricht und lernte stetig dazu. Im Frühling 2020 traten jedoch die ersten Probleme auf, zu Beginn hauptsächlich im Gelände. Er verkroch sich hinter der Senkrechten, legte sich aufs Gebiss und schüttelte ständig den Kopf, manchmal war es sehr schwierig, mit ihm einfach nur geradeaus zu gehen, er wand sich wie eine Schlange. Von Headshaking hatte ich damals noch nie etwas gehört. Auch in der Halle und auf dem Platz wurde es schwieriger, er war sehr fest auf der linken Hand und ich konnte kaum noch nach links abwenden. Reiten wurde zeitweise zum Kraftakt. So ging es weiter, ich dachte, mit Beritt wird das bestimmt schnell besser, aber genau das Gegenteil war der Fall. Mit viel zu harter Hand und viel zu viel Druck wurde er damals geritten.

Nach einem Stall- und Trainerwechsel ging es erstmal wieder bergauf. Mario blieb nicht mehr plötzlich stehen und wollte nicht mehr weitergehen, er war wieder motiviert und machte brav mit. Doch die Rittigkeitsprobleme blieben bestehen, mal war es 3 Wochen sehr gut, dann wieder extrem schlecht und man hatte das Gefühl, ganz von vorne beginnen zu müssen. In den schlechteren Phasen kam häufiges Stolpern dazu, heftiges Kauen auf dem Gebiss, zudem war er spannig, unruhig, und wollte sich ständig der Anlehnung entziehen indem er sich entweder hinter die Senkrechte verkroch oder nach oben raushebelte. Er fühlte sich instabil an unter dem Sattel. Wir kamen einfach nicht voran. An Springen war überhaupt nicht zu denken, ich konnte ja nicht mal galoppieren…

Auch das Headshaking wurde immer schlimmer – ohne Fliegenmaske und Nüsternschutz brauchte ich bei Sonne, Regen, Wind oder Fliegen gar nicht mehr draußen zu reiten oder zu longieren, das hatte überhaupt keinen Sinn mehr. Er war dermaßen unentspannt, dass es gefährlich wurde. Auch auf dem Paddock sah ich ihn schnicken, er hatte ganz offensichtlich Schmerzen bzw. störte ihn etwas ganz arg.

Ich versuchte es mit Osteopathie, Akupunktur, CBD-Öl, Futterzusätzen, einem neuen Sattel… Nichts half. Die Magenspiegelung war ohne Befund. Beim Reiten hatte ich das Gefühl, in den Boden reinzureiten. Sobald ich die Zügel aufnehmen wollte, wehrte er sich vehement dagegen. Und nach einem Sturz im Galopp, den wir beide zum Glück unbeschadet überstanden hatten, hatte ich Angst davor, wieder zu galoppieren, es war einfach unkontrollierbar. Ich war ratlos, und Freude am Reiten hatte ich damals schon lange nicht mehr…

Im Frühling 2022 zeigte mir meine Reitlehrerin/Bereiterin einen Artikel über ECVM (Equine Complex Vertebral Malformation). Die Symptome passten, ich erkannte Mario in den beschriebenen Beispielen wieder und fuhr in die Klinik zum Röntgen. Und tatsächlich: Es zeigten sich die entsprechenden Veränderungen. Die Halswirbel C6 und C7 sind von der Malformation betroffen, Verdacht auf Facettengelenksarthrose, Dornfortsätze und Laminae fehlen (d.h. die für die Stabilität des Rumpfes/Halses wichtigen Muskeln und Bänder können dort nicht ansetzen), möglicherweise Stufenbildungen zwischen den Wirbelkörpern. Für mich ein Schock, denn ich hatte mich in der Zwischenzeit belesen, und die Prognose für die betroffenen Pferde ist sehr unterschiedlich, meist eher schlecht.

Was nun? Meine Träume vom eigenen gesunden Springpferd waren geplatzt, in der Klinik wurde gesagt, man könne Cortison in die betroffenen Gelenke spritzen (ich entschied mich dagegen). Vor meinem inneren Auge sah ich ihn bereits als Frührentner auf einer Wiese stehen – mit 6 Jahren! Über eine Facebook-Gruppe kam ich dann zum ersten Mal auf das Zentrum für ARR und die Schiefen-Therapie®. Die vielen positiven Erfahrungsberichte von Pferden, die als austherapiert galten und als letzte Chance im ARR trainiert wurden, beeindruckten mich sehr. Nachdem ich Videos von Mario eingeschickt und mit Herrn Schöneich telefoniert hatte, war mir klar, dass Mario nach Goch muss.

4 Wochen später ging es los, Mario wurde abgeholt. Ich dachte, es wird sehr schwer, ihn nicht bei mir zu haben, doch ich wusste, dass er in den besten Händen war, und ich wurde von Herrn und Frau Schöneich stets auf dem Laufenden gehalten über seinen Zustand und den Trainingsfortschritt. Mit viel Geduld beantworteten sie mir alle Fragen und informierten mich jeweils über die nächsten Schritte.

10 Tage später fuhr ich selbst nach Goch, um ihn zu besuchen – und ich war überrascht! Ich erkannte Mario kaum wieder. Er sah rund und definiert aus, hatte einen muskulösen Oberhals bekommen, der Rücken war gerade und der Bauch hing nicht mehr formlos runter. Das Fell glänzte, und von Headshaking absolut keine Spur mehr! Die Eisen waren ab, und er lief problemlos barhuf. In den 4 Tagen meines Aufenthalts schaute ich zu beim Longieren, und sämtliche Fragen wurden mir ausführlich beantwortet. Wahnsinn, was für ein Fortschritt nach nur 10 Tagen, und wie er sich bewegen kann, mit nach oben schwingendem Rücken und total motiviert und entspannt. Voller Freude ging es für mich zurück nach Berlin, ich war mir absolut sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und hatte das erste Mal seit langer Zeit wieder Hoffnung.

Nach der chiropraktischen und zahnärztlichen Behandlung ging es dann ans Reiten – mit Westernsattel. Mario mache es sehr gut und akzeptiere den Westernsattel und auch Herrn Hoffmann, den Bereiter, problemlos. Meine Sättel wurden angeschaut, doch sowohl der Spring- als auch der Dressursattel waren eine Katastrophe.

Da ich vom Computer aus arbeiten kann, mietete ich mir für die letzten 4 Wochen von Marios Trainingsaufenthalt ein Zimmer in Goch, denn ich wollte so viel wie möglich zuschauen, lernen und mitnehmen. Mario hatte sich nochmals erstaunlich verändert und erschien mir größer, erwachsener, selbstbewusster. Herr Schöneich zeigte mir mit viel Geduld das Longieren, und nachdem ich verstanden hatte, dass ich meinen Perfektionismus und das bisher Gelernte «über den Haufen werfen» musste, klappte es mit jedem Mal etwas besser. Ich merkte, dass auch ich einiges aufzuarbeiten hatte, und wurde dabei immer bestärkt und unterstützt. Ich freute mich jeden Tag auf die lehrreiche Zeit im ARR, und las parallel das Buch «Die Kraft der Diagonalen», was mir enorm half, das Konzept der Schiefen-Therapie® und der Diagonalen zu verstehen. Auch der Austausch mit den anderen Pferdebesitzerinnen war sehr interessant und positiv.

Und dann saß ich nach knapp 3 Monaten das erste Mal wieder auf Mario, und es war überwältigend. Das spannige, instabile, schiefe Pferd fühlte sich kompakt, aufgerichtet und schwungvoll an. Frau Rachen-Schöneich machte mit mir Sitzübungen und zeigte mir, wie ich mein Pferd mit meinem Körper unterstützen kann. Zuerst im großen Roundpen, danach auf dem Reitplatz, bekam ich den Reitunterricht, den Mario und ich brauchten, und nachdem ich anfangs etwas frustriert war, weil es mir sehr schwer fiel loszulassen und einfach zu fühlen und zu reiten, ging es von Tag zu Tag besser. Sobald ich zu viel Druck machte oder zu viel verlangte, zeigte mir Mario sofort, dass das nicht in Ordnung ist. Ich hatte wieder Spaß am Reiten, und Mario auch! Da Mario mit dem Westernsattel am besten und am entspanntesten lief, entschied ich mich, mir einen solchen zu kaufen.

Um noch sicherer zu werden, konnte ich unseren Aufenthalt um eine Woche verlängern. Am Ende meiner knapp 5 Wochen (und Marios 13 Wochen) in Goch machten wir uns guten Gefühls auf den Heimweg. Ich weiß, dass das erst der Anfang ist, und dass wir noch einen langen Weg vor uns haben. Aber es ist der richtige Weg, und ich bin mehr als froh und dankbar für mein wunderbares Pferd und die kompetente Arbeit und Hilfe von Herrn und Frau Schöneich.

Vielen herzlichen Dank für alles, ich freue mich jetzt schon auf unseren nächsten Aufenthalt in Goch.

Sophie Roos und Mario