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Die Stellung der Augen und die natürliche Schiefe

Zu Beginn der Schiefen-Therapie zeigen die Pferde bei Hereinholen des Kopfes und des Halses in die Stellung eine Außendrehung des Auges auf der Außenseite. Das Gleiche zeigen auch Pferde beim Freilauf in der Halle oder Springpferde in der engen Wendung zwischen zwei Sprüngen. Beobachtet man weiter, so fällt zudem auf, dass das Drehen des äußeren Auges mit einer Verspannung der Nacken- und Halsmuskulatur zusammen läuft.

Warum macht es das?

Wie bei allen Lebewesen arbeitet das optische System eng mit dem Gleichgewicht zusammen. Das Gleichgewicht besteht anatomisch aus drei Bereichen, die eng miteinander verwoben sind:

  1. dem vestibulären System (im weiteren das Ohr)
  2. dem propriozeptiven System und
  3. dem optischen System mit den Sehbahnen und den Augenmuskeln

Das vestibuläre System enthält im Ohr das Labyrinth. Im Labyrinth sitzen Rezeptoren, die jede Veränderung in der Umgebung oder im Ohr registrieren und als Impuls weitergeben. Ein Teil der Impulse geht dabei direkt an die Augen- sowie Nacken- und Körpermuskeln, die dafür sorgen, dass das Gleichgewicht bei jeder Haltung des Kopfes gewährleistet ist. Der andere Teil der Impulse gelangt zusammen mit dem VIII. Gehirnnerv an den Hirnstamm des Gehirns. Diese Nervenkerne stehen alle mit den Augenmuskeln in Verbindung und ziehen weiter bis ins Kleinhirn, dem zentralen Organ für die Feinabstimmung der Bewegungen. Das Kleinhirn bestimmt auch das motorische Lernen und das motorische Lernen, weswegen wir als Mensch nach Erlernen des Fahrradfahrens dies auch nach Jahren noch können und Pferde Lektionen der Dressur abrufen können.

Dem vestibulären System steht das propriozeptive System zur Seite. Dieses System besteht aus Sensoren, die an den Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken jede Bewegung registrieren und über das Rückenmark ans Gehirn weiterleiten und wir damit ebenso wie das Pferd jederzeit wissen «wo uns der Kopf steht».

Die Umsetzung der Abläufe des Gleichgewichtes zeigt sich zu Beginn der Schiefen-Therapie.

Das schiefe Pferd wird zu Beginn der Schiefentherapie aus seinem Gleichgewicht gebracht, es kann plötzlich auf seiner händigen Hand nicht mehr wie gewohnt seine Last auf der Schulter ablasten, sondern wird in eine neue Bewegung geworfen. Das führt dazu, dass die Haltungs- und Bewegungssensoren der Muskeln und Bänder, der Sehnen und Gelenke (propriozeptive System) andere Impulse als sonst in das zentrale Nervensystem senden. Diese Impulse gelangen über das Rückenmark in das Kleinhirn, das seinerseits Impulse an die Muskulatur zurücksendet, die das Gleichgewicht stabilisieren. Andere Muskelbewegungen besonders im Hals- und Kopfbereich (Verspannung der Nacken- und Halsmuskulatur)führen aber immer zu einer Änderung der Rezeptoren im Labyrinth des Ohres (vestibuläres System). Die von hier gesendeten Impulse gelangen entweder direkt an die Augenmuskelnerven oder über Hirnstamm und Kleinhirn an die Augenmuskeln und führen da zu einer Änderung der Augenstellung. Das Pferd schaut mit dem äußeren Auge nach hinten.

Die Außenstellung des äußeren Auges ist also ein Zeichen für ein Gleichgewichtsproblem und damit für die Schiefe.

Klaus Schöneich longiert ein Quarterhorse in Biegung. Der Fokus des Bertrachters liegt auf dem entspannten, zum Longenführer gerichteten äußeren Auge des Rappen.
Die Longenarbeit der Schiefen-Therapie® hat einen positiven Einfluss auf die Augenmuskulatur und das Fluchtverhalten des Pferdes. (Foto: Maresa Mader)

Mit fortschreitender Korrektur der Schiefe richtet sich das Pferd auf dem Hinterbein auf, der Schulter- und Halsbereich wird frei beweglich. Ein frei beweglicher Hals in der Bewegung bedeutet ein Minimum an Änderungen im vestibulären System,das Gleichgewicht wird nicht gestört und das äußere Auge guckt nicht länger nach hinten. Zudem hat die Reduktion der Schiefe im Kleinhirn zu einem motorischen Lernprozess geführt, das Pferd kann die neue Beweglichkeit abrufen und ist nun bereit für den nächsten Schritt mit Reiter.

Text: Tina Wassing, praktische Tierärztin